Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Leben in Gemeinschaft
Ein Traum soll (weiter)leben

Hamidur beim Abschiedsfest mit Hanna Mitzlaff, die ihn in Hamburg engagiert begleitet hatte.

von Dietrich Gerstner, Ilona Gaus und Hamidur Rahman / Juni 2008

Wir kannten Hamidur nicht lange. Dennoch hat er uns in seiner kurzen Zeit bei Brot & Rosen, im Leben und im Sterben, stark berührt. Hamidur war ein Mensch mit sanftem Äußeren, einem freundlichen Lächeln und großer Höflichkeit. Darunter war ein starker Wille zu spüren, ein Feuer, das ihn antrieb, seinen Traum von einem Leben in Menschenwürde und Freiheit zu finden.

Hamidur kam vor vier Jahren mit Frau und Kind als Flüchtling nach Deutschland. Trotz politischer Verfolgung in Bangladesch hatte sein Asylverfahren keinen Erfolg. Hamidur bemühte sich dennoch engagiert um einen Platz in unserer Gesellschaft, suchte und fand Arbeit, lernte Deutsch, gewann FreundInnen.

Als zum ersten Mal die Abschiebung drohte und Hamidurs Arbeitserlaubnis entzogen wurde, gab er zum ersten Mal auf. Seine Frau reiste mit Kind in ihr Heimatland Malaysia zurück, während Hamidur sich zu einem waghalsigen Fluchtversuch über Grönland in Richtung Kanada aufmachte. Zu Fuß wollte er vom Norden Grönlands über das Eis nach Kanada wandern. Ein Wagnis, das Hamidur beinahe mit dem Leben bezahlte. Im vergangenen Jahr kam Hamidur nach Hamburg und fand Zuflucht in einer Gästewohnung der Nordelbischen Kirche. Von dort kam er in Vorbereitung eines neuen rechtlichen Verfahrens zu uns. Hamidur träumte zeit seines Lebens von einem „Globalen Pass“, der ihm ein weltweites Niederlassungsrecht gewähren würde.

Stattdessen musste Hamidur aus aufenthaltsrechtlichen Gründen Ende April nach Idar-Oberstein reisen, wo er „residenzpflichtig“ war. Dort brachte Hamidur sich wenige Tage nach der Ankunft um. Er konnte nicht mehr an eine Chance in diesem Leben glauben. Hamidurs Feuer war erloschen.

Dietrich Gerstner

Hamidur schrieb im Februar über seinen Traum einer „Global Identity Card“ (Globaler Personalausweis):

“Da, wo ich jetzt bin, lebe ich mit Menschen aus verschiedenen Ländern und Religionen zusammen in einem Haus – und das ist möglich! Aber warum ist es nicht möglich, dass alle Menschen dieser Erde friedlich zusammenleben ohne Grenzen und Nationalpässe, unter einem System, einer Regierung, als globale BürgerInnen, mit einer ID, einer ‚Globalen ID’.“

Auf der Rückseite von Hamidurs “Global Identity Card” steht folgende Erklärung:

“Nach den Regeln Gottes und der Menschenrechtskommission wurde diese Erde von Gott geschaffen, und alle Menschen haben das Recht, überall auf dieser Welt zu leben, zu arbeiten und zu reisen.”

 

Du bist illegal

Du bist seit drei Jahren und

drei Monaten in Deutschland.

Aber dein Status ist klar,

du bist schon illegal,

du hast keinen Weg zurück.

Die Welt ist so klein,

in 24 Stunden kann

man die Welt umrunden.

Aber Du nicht –

der nächste Bahnhof

ist so weit für dich.

Es sind schon drei Jahre,

worauf wartest du noch?

Wie lange darfst du leben?

Es gibt einen Weg – doch!

Kannst du das schaffen?

 Hamidur Rahman, Anfang 2008

 

Gedicht für Hamidur

Traurig wie ein Regentropfen

zerteilend und scharf

wie der Blitz des Zweifels

über mich hereinbrechend

wie eine Woge der Verzweiflung:

SO IST DAS LEBEN

Farbenfroh

wie die Blume der Zuversicht

zerbrochen wie eine Tasse

in meiner Unsicherheit

und kraftvoll

wie der Baum der Sehnsucht:

SO IST DAS LEBEN

Vergittertes Fenster der Angst

messerscharf im Zorn

und dann wieder vertrauensvoll

wie ein Händedruck:

SO IST DAS LEBEN

Musik schwingt durch die Luft

wie Freude

die Schale gefüllt in Dankbarkeit

Stille umfängt mich im Tempel:

SO IST DAS LEBEN

Neugeboren –

zu Grabe getragen

Werden und Vergehen

und vom Anfang bis zum Ende:

die Stimme der Liebe

SO IST DAS LEBEN

Ilona Gaus, im Februar 2008 nach einem Suizidversuch von Hamidur

 

Hamidur ist tot

geboren am 27.11.1976  in Bangladesch           

gestorben am 3.5.2008 in Idar-Oberstein

When you read this, I’m no more in this world. My bad luck, this crazy world, inhuman system didn’t let me live anymore. I’m free now out of all inhuman rules and regulations, out of prison, out of depression. I don’t need anymore a piece of valid paper people call ‘Ausweis’. It is my last dream that a Global ID will be valid world wide one day and in all countries people will live together without any border and passport. My death is my answer against all inhuman systems and for activating a Global ID in this world.

Hamidur  Rahman, seit 2004. in Deutschland um Asyl bittend, 2007/8 in Hamburg

Wir klagen.

Wir klagen an.

Wir trauern mit seinen Angehörigen.



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