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Die Druckerei Zollen­spieker und die Gemeinwohlökonomie

Anke Heidorn (r.) vom Druckkollektiv erklärt Uta Gerstner bei einem Besuch das Druckverfahren

von Norbert Reinermann / März 2017

Seit bald 20 Jahren lassen wir diesen Rundbrief bei der „Druckerei Zollenspieker Kollektiv GmbH“ drucken. Und das mit gutem Grund. Die Qualität ist hervorragend, wir werden persönlich „bedient“ und wir können damit einen kleinen, handwerklichen und von der Genossenschaftsbewegung geprägten Betrieb mit hoher ArbeitnehmerInnen-Mitbestimmung unterstützen. Norbert Reinermann, einer der Mitbegründer des Betriebs, erklärt die Zusammenhänge dieser an Solidarität orientierten Wirtschaftsweise mit dem Modell der Gemeinwohlökonomie.

Geschichte

Gegründet wurde die Druckerei vor etwas mehr als 40 Jahren, als Kollektiv bzw. Betrieb in Selbstverwaltung. Alle Beteiligten haben hier im Haus zusammen gewohnt und gearbeitet, zu gleichen Löhnen, ohne vordefinierte Hierarchien und mit Rotationen durch die einzelnen Arbeitsbereiche. Die Druckerei war immer im Besitz der aktuellen Belegschaft. Zum Einstieg in das Kollektiv war es nicht nötig, sich über den Erwerb von Anteilen einzukaufen, beim Ausstieg gab es entsprechend auch keine Ausschüttung evtl. erarbeiteten Mehrwertes. Sämtliche relevanten Entscheidungen wurden nach dem Konsensprinzip getroffen. Dadurch, dass sich irgendwann Mitte der 90er Jahre keine Leute mehr fanden, die in das Kollektiv einsteigen wollten, hat sich die noch heute bestehende Struktur gebildet: Ein „Restkollektiv“ als GmbH mit vier KollegInnen sowie darüber hinaus acht Angestellte.

Wofür wir stehen

Hohe persönliche Motivation und Freude, Zuverlässigkeit und Beständigkeit charakterisieren Belegschaft und Unternehmen. Identifikation schafft Motivation und Überzeugung – nach außen wie nach innen. Wir stehen für Modernität, Wertigkeit und Kompetenz, arbeiten mit Liebe zum Detail und richten gern den zusätzlichen„kritischen Blick“ auf den Routineablauf – ökologisch und fair.

Zwischenmenschliche Kommunikation kann nicht immer durch digitale Technik ersetzt werden. Die Produktion von Druckerzeugnissen erfordert zumeist von Beginn an eine auftragsgerechte Beratung und intensive Zusammenarbeit zwischen Kundschaft und Betrieb. Bedürfnisse zu verstehen und den Anforderungen entsprechend ein Ergebnis termingerecht umzusetzen, ist uns ein zentrales Leitbild. Nach wie vor ist es unser Grundsatz, keine Druckerzeugnisse herzustellen, die menschenverachtende oder rassistische Inhalte oder Darstellungen publizieren. Ebenso legen wir großen Wert auf möglichst umweltgerechte Produktion und Ressourcenschutz durch den Einsatz entsprechender Papiere und Materialien.

Wie weiter mit all' diesen Krisen?

Es ist unser Ansinnen, in der Praxis Antworten zu finden auf die Systemspielregeln, die zunehmend gerechte soziale Standards aufweichen (z.B. durch Zeitverträge, zu geringe und ungleiche Entlohnung, wenig Transparenz und Mitbestimmung), den Raubbau an Ressourcen dulden und ein geschäftliches Handeln verfolgen, dessen oberste Ziele unaufhörliches Wachstum und Gewinnmaximierung sind.

Klimakrisen, Verteilungskrisen, Hungerkrisen, Finanzkrisen u.v.m. führen zu einer umfassenden Systemkrise bzw. werden umgekehrt von dieser genährt.

Die Druckerei Zollenspieker Kollektiv GmbH geht den Weg konsequent weiter: das bewusste Streben in Richtung Gemeinwohl-Ökonomie, Kooperation statt Konkurrenz, Wohlstand für alle statt Profite für einzelne.

Was ist und will die Gemeinwohlökonomie?

Die Gemeinwohl-Ökonomie ist der Aufbruch zu einer ethischen Marktwirtschaft, die versucht Gemeinwohl-Werte – u.a. gutes Leben, Schutz der Umwelt, sozialer Ausgleich, Wertschätzung – auch in der Wirtschaft umzusetzen.

Die Gemeinwohlökonomie bedingt und bietet die Suche nach Wegen und Alternativen zur jetzigen, zumeist ausschließlich auf materielles Wachstum, Gewinnstreben und Wettbewerb als oberste Priorität ausgerichteten Wirtschaftsordnung.

Mit der Erstellung einer Gemeinwohl-Bilanz entscheiden sich z.B. Betriebe freiwillig, den Weg ethisch ausgerichteten Wirtschaftens zu beschreiten, im Unternehmen umzusetzen, weiterzuentwickeln und nach außen transparent zu machen. Sie analysieren und bewerten während dieses Prozesses den Unternehmenserfolg qualitativ und quantitativ anhand der Werte Menschenwürde, Solidarität, soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit sowie demokratische Mitbestimmung und Transparenz.

Unsere Ziele mit GWÖ

Die Druckerei Zollenspieker strebt an, eine möglichst durchgehende Überprüfung der eigenen Betriebsethik: u.a. Menschenwürde, soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Respekt, Mitbestimmungsmöglichkeiten und Transparenz, ökologische Integrität und Nachhaltigkeit. Wir versuchen die Umsetzung der GWÖ-Ideen zunächst im betriebseigenen Mikrokosmos mit wahrnehmbarer Außendarstellung und dem Bestreben, einen – zumindest - bescheidenen Vorbildcharakter anzustreben und zu erreichen und diese als Prozess der kleinen Schritte zu begreifen.

Bilanzierung und Matrix

Mit Hilfe der nach einem Punkteschema erstellten Gemeinwohl-Matrix hat die Druckerei Zollenspieker eine begleitete und übergeordnet bewerteteBilanzierung vorgenommen und abgeschlossen. Diese Bilanz beschreibt alle zwei Jahre anhand einzelner über­geordneter Indikatoren die Position des Betriebes hinsichtlich eines ethischen Beschaffungs- und Finanzmanagements, fairer und transparenter Arbeitsplatzqualität, ethischen und fördernden Verkaufens sowie der gesellschaftlichen Relevanz und Wirkung dieser Bestrebungen. In der Umsetzung bedeutet das zu überprüfen, mit welchen Zulieferern (regional, transparent?), mit welchen Banken (ethisch, ökologisch geprägt?) wird zusammengearbeitet ? Gibt es eine faire Arbeitsplatzgestaltung, eine Kultur des Miteinanders, faire Entgeltpolitik, Transparenz? Findet ethisches Verkaufen statt, mit fairen Preisen, sozialer Gestaltung und Förderung? Gibt es Kooperationen, eine aktive Kommunikation nach außen und gesellschaftliche Wirkung?

Die Bewertung vieler Indikatoren hinsichtlich ihrer Umsetzung wurde für die Druckerei insgesamt sehr positiv und als vorbildlich bewertet, hat aber gleichzeitig aufzeigen können, wo es noch Veränderungspotential gibt.

Ausblick

Eine durchgehende Umsetzung aller dieser Ziele verursacht höhere Kosten und führt daher meist zu einem deutlichen Wettbewerbsnachteil gegenüber z.B. vielen Online-Druckereien. Dem zu begegnen ist eine große und spannende Herausforderung.

Gleichwohl bleibt es unser Ziel und unsere Vision, mitzuhelfen, die Idee und die Umsetzung der Gemeinwohl-Ökonomie – speziell in unserem partnerschaftlichen Umfeld – bekannt zu machen und aktiv weiter zu verbreiten. Wir streben an, im nächsten Bilanzierungsprozess die Bewertung der einzelnen Indikatoren im Gesamtergebnis zu steigern.

Wir wünschen uns ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit. Wir werden weiterhin entschieden eintreten für die Achtung und Wahrung der Menschenwürde, sowohl innerhalb der eigenen betrieblichen Umgebung als auch darüber hinaus, im Rahmen aller geschäftlichen, partnerschaftlichen und gesellschaftlichen Beziehungen; handeln durch allgemein anständiges Verhalten, geprägt von Respekt, Offenheit und Verantwortlichkeit gegenüber allen am Planungs- und Produktionsprozess Mitwirkenden.



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