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Protest und Gastfreundschaft!
von Bernd Büscher / November 2016 Im September beging unsere Schwestergemeinschaft Kana – Dortmunder Suppenküche ihr 25-jähriges Jubiläum. Birke Kleinwächter und Elena Klett fuhren nach Dortmund, um unsere Verbundenheit mit ihnen auszudrücken. Hier folgt ein Text des Mitbegründers Bernd Büscher, der sehr gut zusammenfasst, um was es der Kana-Gemeinschaft geht. Am 17. Oktober 2013, dem von der UNO verkündeten Welttag zur Überwindung großer Armut, lud die Dortmunder Kana-Gemeinschaft ein zu einem "Kreuzweg der Armut" durch die Stadt. Die Teilnehmenden hielten an signifikanten Orten wie dem Mahnmal für die während der Nazi-Herrschaft deportierten Sinti und Roma, dem Lokal der Straßenzeitung BODO, der Reinoldikirche oder der Deutschen Bank, um Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Armut zu gedenken. Zum Abschluss, am Dortmunder Rathaus, übergaben sie eine gemeinsam von Kana und anderen Initiativen unterzeichnete Erklärung an den Rat der Stadt, mit der sie gegen geplante Kürzungen bei Sozialeinrichtungen protestierten. Der nächste Tag in der Kana-Suppenküche in der Dortmunder Nordstadt: ein Team von 10 Freiwilligen ist seit dem frühen Morgen damit beschäftigt, eine warme Mahlzeit für die Gäste zu bereiten. Kartoffeln müssen geschält, Fleisch geschnitten, Linsen gekocht werden. Gespendetes Brot und Kuchen werden von Bäckereien abgeholt oder gebracht, die Tische mit Körben und Kaffeekannen gedeckt. Ab 12 Uhr kommen die Gäste, knapp über 300 an diesem Tag. Sie werden an den Tischen bedient, müssen nichts bezahlen, sich nicht ausweisen, können nachbekommen, so viel sie wollen. Obdachlose, Drogensüchtige, Hartz-IV-Empfänger, Armutsemigranten, aber auch Menschen aus der Nachbarschaft. Hier sind alle willkommen; das Prinzip, auf dem die Arbeit in der Suppenküche aufgebaut ist, lautet "Gastfreundschaft". “Wenn ich ein Wort wählen sollte, an das die Hoffnung geknüpft ist, so wäre es Gastfreundschaft", schreibt Ivan Illich in seinem letzten Buch "In den Flüssen nördlich der Zukunft. Letzte Gespräche mit David Cayley“ (München 2006). In einer Gesellschaft, in der der ursprüngliche Impuls der Barmherzigkeit gegenüber dem leidenden Mitmenschen, wie er im Gleichnis vom barmherzigen Samariter beschrieben wird, im Bemühen um Effektivität der Hilfe in Institutionen der Wohlfahrtsindustrie verschwindet (Illich zitiert das lateinische Sprichwort corruptio optimi pessima, "die Korruption des Besten ist das Schlimmste"), fehlen Orte der Gastfreundschaft, an denen Menschen einfach willkommen sind und nicht therapeutisch oder pädagogisch als "Fall" behandelt werden. Kana versteht sich deshalb auch nicht als soziale Einrichtung, sondern als teilende Gemeinschaft. Die Hochzeit von Kana aus dem Johannes-Evangelium ist das Bild für das kommende Gottesreich, in dem alle gleichberechtigt an einem Tisch sitzen. Ein Zustand, der in der Suppenküche sicherlich nicht erreicht werden kann (dort gibt es eben Gebende und Empfangende), für die Kana-Mitglieder aber eine andauernde Herausforderung ist, sich auch für strukturellen Wandel einzusetzen: Nicht die Armen sollen verändert werden, sondern die gesellschaftlichen Bedingungen, die Armut erzeugen. Peter Maurin, der Mitbegründer der hauptsächlich in den USA beheimateten christlich-anarchistischen Bewegung des "Catholic Worker" (zu deren kleinen europäischen Netzwerk Kana gehört) sah die "Häuser der Gastfreundschaft" der Bewegung in der Tradition frühchristlicher Hospize, insbesondere jener, die die irischen Wandermönche während der Zeit der Völkerwanderung in ganz Europa errichtet und damit die Praxis der christlichen Fürsorge lebendig erhalten haben, inmitten der fallenden Trümmer des römischen Imperiums. "Und was von den irischen Missionaren nach dem Fall des römischen Imperiums unternommen wurde, kann heute unternommen werden, während des Zerfalls der modernen Imperien, und danach", so Maurin. So versteht Kana den simplen Akt der Gastfreundschaft – außer der Suppenküche gibt es eine Schlafsack-Ausgabe und ein Grabfeld für verstorbene Wohnungslose – auch schon als Teil des Widerstands gegen ein System der kapitalistischen Verwertung, das Menschen stigmatisiert und ausschließt. Es ist deshalb folgerichtig, dass neben der praktischen Arbeit die Mitglieder von Kana auch immer wieder versuchen, "Stimme der Stummen" zu sein und soziale Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Gewalt öffentlich kritisieren. Seit der Gründung von Kana im Jahr 1991 haben sie an vielfältigen gewaltfreien Aktionen teilgenommen oder sie selbst initiiert. Gastfreundschaft und Protest werden einmal im Jahr in besonderer Weise sichtbar, wenn die Suppenküche vor das Dortmunder Rathaus verlegt wird. Es ist inzwischen ein großes Fest, mit Musik, gemeinsamem Essen und Trinken. Aber im Kern geht es an diesem Tag darum, den Verantwortlichen der Stadt vor Augen zu führen, dass es hier Menschen gibt, die auf die Unterstützung von Suppenküchen und ähnlichen Hilfseinrichtungen angewiesen sind. Bedenken, dass sich die Armen "vorgeführt" vorkommen könnten, haben sich schnell verflüchtigt. Die Gäste von Kana haben den Tag auch zu dem ihren gemacht. Andere Aktionen dienten dem Protest gegen die Bedingungen in den städtischen Übernachtungsstellen und für niedrigschwellige Übernachtungsmöglichkeiten in kalten Winternächten, gegen die Vertreibung von "Randgruppen" von städtischen Plätzen und Straßen oder für die Einrichtung öffentlicher Toiletten. Monatlich findet eine Mahnwache vor der Deutschen Bank unter dem Motto "Unser Wirtschaftssystem geht über Leichen" statt. Kana lebt ausschließlich von den Spenden Einzelner, es werden keine Zuschüsse staatlicher, städtischer oder auch kirchlicher Stellen angenommen. Diese Unabhängigkeit ist eine Grundvoraussetzung dafür, den Armen und Ausgeschlossenen Hilfe anbieten zu können und gleichzeitig die Strukturen anzuklagen, die Armut erst erzeugen – für die gemeinsame Praxis von Gastfreundschaft und Protest. Dieser Text wurde zuerst veröffentlicht in der Zeitschrift CuS, Kreuz u. Rose, Blätter des Bundes der Religiösen Sozialistinnen und Sozialisten Deutschlands, Herford, Dezember 2013. |
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