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Kreuzweg für die Rechte von Geflüchteten

Foto vom Kreuzweg 2019 (C: Thea Martin)

von Dietrich Gerstner, Brot & Rosen. Diakonische Basisgemeinschaft und Dietlind Jochims, Flüchtlingsbeauftragte der Nordkirche für die Kreuzwegveranstalter*innen am 9. April 2020

Am Karfreitag um 12.30 hätte der 21. Kreuzweg für die Rechte von Geflüchteten am Kriegsmahnmal St. Nikolai begonnen. Der Ort war mit Bedacht gewählt, erinnert er doch an die immer noch größte Ursache für Flucht auf der Welt: Krieg, Gewalt und Vertreibung. Der Abschluss sollte in der Englischen Kirche gegen 15 Uhr, zur Todesstunde Jesu begangen werden. Wir freuen uns, dass diese internationale und interkulturell diverse Gemeinde unsere Gastgeberin sein wollte. Als Motto hatten wir Worte Jesu aus der Passionsgeschichte im Markusevangelium (Kap. 14,41) gewählt: „Es ist genug!

Und es ist wahrhaftig genug, mehr als genug, was Geflüchteten in Europa angetan wird, gerade auch jetzt in Zeiten der Corona-Pandemie: Immer noch werden über 40.000 Geflüchtete in den Lagern auf den griechischen Inseln festgehalten. Immer noch geht der Krieg in der Region Idlib ungemindert weiter. Immer noch ist der Infektionsschutz auch in deutschen Flüchtlingslagern deutlich schlechter als für die übrige Bevölkerung. Immer noch gibt es keinen generellen Abschiebestopp. Die sechs Stationen des Kreuzweges hätten die Themen benannt, Fürbitte gehalten und Forderungen kundgetan. „Es ist genug!

• Aktuell befindet sich das Seenotrettungsschiff Alan Kurdi im Mittelmeer mit 150 Geretteten auf der Suche nach einem sicheren Hafen. Das Bundesinnenministerium fällt dazu nur ein: „Angesichts der aktuellen schwierigen Lage appellieren wir deshalb an Sie, derzeit keine Fahrten aufzunehmen und bereits in See gegangene Schiffe zurückzurufen.“ Und Italien weigert sich nach wie vor entgegen internationalem Recht, einen sicheren Hafen anzubieten.
• Die Bundesrepublik will in der Woche nach Ostern sage und schreibe 50 (!) Kinder von den griechischen Inseln aufnehmen. Das ist Schäbigkeit getarnt im Mantel der Solidarität! Echte Hilfe ist notwendig! Amnesty International, Pro Asyl und viele andere fordern, gerade jetzt während der Corona-Krise die Menschen aus den Lagern in Griechenland zu evakuieren. Die Geflüchteten leben dort unter erbärmlichen Bedingungen und sind besonders gefährdet. Darüber berichten z.B. Monitor am 12.3.2020 und besonders zur Situation im Flüchtlingslager Moria auf Lesbos das Europamagazin am 5.4.2020.
• Auch die Lage der ohnehin diskriminierten Roma in Serbien wie auch in Bulgarien, Kosovo, Bosnien, Albanien und Nordmazedonien ist in Corona-Zeiten besonders hart. Einerseits können sie aufgrund der Lebensverhältnisse in Armut die Hygiene- und Abstandsregeln nicht einhalten. Andererseits werden sie an manchen Orten gar für den Ausbruch der Corona-Epidemie vor Ort verantwortlich gemacht.
• Aber auch in deutschen Flüchtlingslagern herrschen unwürdige Zustände, die sich im Zuge der Corona-Infektionen noch drastisch verschärfen. Hier eine Petition zur Erstaufnahme in Horst in Mecklenburg-Vorpommern. Die Kampagne #openthehotelshamburg macht dazu einen längst überfälligen Vorschlag und fordert die Behörde für Arbeit und Soziales der Freien und Hansestadt Hamburg auf Hotels, Ferienwohnungen, ggf. auch AirBnB Wohnungen und Jugendherbergen anzumieten und für Wohnungslose ohne Ausweispflicht zu öffnen.
• Aktuell finden keine Dublin-Überstellungen statt, allerdings haben sich damit die offenen Fristen nicht erledigt, sondern sollen nach Wiederaufnahme der Abschiebungen weiterlaufen bzw. sogar von vorne beginnen. Das betrifft auch etliche Menschen im Kirchenasyl. Die Forderung muss lauten: Wer jetzt nicht abgeschoben werden kann, sollte die Möglichkeit haben, ihr*sein Verfahren in Deutschland durchzuführen!
• Geflüchtete des Willkommenskulturhauses der Christianskirche in Ottensen wollten beim Kreuzweg ihre Lebenssituationen vortragen: Geprägt von Unsicherheit, Angst, Perspektivlosigkeit und gleichzeitig durchdrungen von der Kraft, für sich selber einzustehen. Hier sind 12 Plakate mit Kreuzen zu finden, die sie zu tragen haben. Darunter: Angst um unsere Familien, Sexuelle Ausbeutung, Trauer um die verlorene Heimat… Hängen Sie diese gern an geeigneten Orten aus.

Beim Kreuzweg für die Rechte von Geflüchteten wären diese Themen viel anschaulicher und eindringlicher in die Öffentlichkeit gebracht worden als dies schriftlich über das Internet möglich ist.

Sie wären laut geworden „im Namen des Gottes, der seinem Volk zur Flucht aus Unterdrückung und Gewalt verhalf; im Namen Jesu Christi, der schuldlos zum Tode verurteilt wurde und darin neue Gemeinschaft stiftete und im Namen der Heiligen Geistkraft, die dort ist, wo Menschen Unrecht erleiden und auf Befreiung hoffen.

Nun ist der Kreuzweg im analogen Raum abgesagt. Wir möchten dafür diesen Link teilen, hinter dem sich ein 12-minütiger Eindruck vom Kreuzweg 2006 anschauen lässt.

Wir haben Verständnis für die drastischen Maßnahmen der Behörden, um die Dynamik des Infektionsverlaufes zu bremsen. Andererseits macht es uns Sorgen, wie schwierig es jetzt ist, Zeichen der Solidarität im "analogen" Raum der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Die in diesen Tagen stattfindende Repression gegenüber öffentlichen Solidaritätsaktionen für Geflüchtete an den EU-Grenzen u.a. der Seebrücke, die mit aller Umsicht in Bezug auf den Gesundheitsschutz geplant waren, sind erschreckend und mit Blick auf die Demokratie beängstigend.

Wir hoffen, dass diese Zeit der Krise auf ganz neue Weise zu einer echten Fastenzeit wird, einer Zeit der Besinnung und Einkehr, einer Zeit zum Innehalten und Umkehren in Richtung Mitmenschlichkeit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

Die zügige und großzügige Aufnahme von Geflüchteten von den griechischen Inseln und eine echte Sorge um ALLE Menschen, die sich zu Corona-Zeiten in Deutschland und der EU befinden, „koste es, was es wolle“,  wäre ein Sieg der Menschlichkeit und würde sich dann wirklich wie Ostern anfühlen, wie Befreiung vom Tod!



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