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Beobachtungen aus der Zentralen Erstaufnahme in Hamburg

Café Exil / Dezember 2014

Eine kurze Erklärung für alle, die diese Behörde nicht kennen: Die zentrale Erstaufnahme für Flüchtlinge und AsylbewerberInnen befindet sich seit Anfang Juni 2014 in der direkten Nähe des S-Bahnhofs Hamburg-Harburg in einem alten Postgebäude. Hier müssen sich AsylbewerberInnen und alle Menschen ohne ein Bleiberecht melden. Das Gebäude ist groß, verwinkelt und unübersichtlich. Es befinden sich einige Zelte und Wohncontainer auf einer Fläche davor und daneben. In der zweiten Novemberwoche wurden während Begleitungen von Aktiven aus dem Café Exil in die Erstaufnahmeeinrichtung folgende Erfahrungen gemacht:

Im Warteraum des „Immigration Office“

Um das Büro der Zentralen Erstaufnahme zu finden, muss erst mal der eher versteckte Eingang gefunden werden. Da-vor befindet sich Personal des Sicherheitsdienstes Weko (in und vor der ganzen Behörde eingesetzt). Alle Flüchtlinge und AsylbewerberInnen werden aufgefordert, sich auszuweisen. Nach vielen Treppen kann mit Hilfe von Personen, die sich auskennen, das „Immigration Office“ im 3. Stock gefunden werden. Der Weg dorthin führt durch Flure, in denen Menschen untergebracht sind und die Gemeinschaftsbadezimmer benutzen müssen. Es wirkt alles sehr beklemmend und jegliche Art von Privatsphäre wird unmöglich gemacht.

Das „Immigration Office“ besteht aus einem Warteraum, einem Schalter und einer verschlossenen Tür, hinter der die Büros der SachbearbeiterInnen abgeschottet sind. Hinter dem Schalter arbeitet Personal des Sicherheitsdienstes Weko; klar erkennbar durch das Tragen ihrer Uniform.

Menschen treten an den Schalter, geben Hausausweise, terminierte Meldeauflagen und sonstige Zettel ab. Das Personal des Sicherheitsdienstes und ÜbersetzerInnen rufen Personen namentlich auf und lassen sie in den hinter der Tür liegenden Flur. Sie erklären dies zum Beispiel mit dem einfachen Wort „Foto“. Alle, die zurück in den Warteraum kommen, haben eine kleine, durchsichtige Plastiktüte mit einem Käsebrötchen, einem Milchdrink und einem Apfel bei sich. Frühstück als Belohnung?!

Auf die Bitte um Vorsprache bei den SachbearbeiterInnen wird sofort abgewinkt. Zurzeit gebe es keine Wartenummern und keine Termine. Auch die Listen für Schwangere und Frauen mit Säuglingen wurden nur vier Wochen geführt und sind schon wieder abgeschafft. Man solle doch morgen wieder kommen– so die MitarbeiterInnen von Weko.

Ist Hamburg für eine/n AsylbewerberIn zuständig, muss im anderen Teil des Gebäudes, im Erdgeschoss, auf die Notunterbringung im Zelt, Container oder Zimmer gewartet werden. Der Sicherheitsdienst am Schalter macht die Meldung bei der Krankenkasse, gibt Leistungen (wie Geld) aus und fungiert als Türschicht, an der kein Vorbeikommen möglich sein soll.

Extrawünsche wie die Beantragung einer Duldung oder die Abgabe der Schreiben von AnwältInnen, werden vom Sicherheitsdienst und den DolmetscherInnen (auf Anweisung) abgeblockt.

So scheint es in der Zentralen Erstaufnahme nicht möglich, mit einer Person zu sprechen, die mit den hoheitlichen Aufgaben auch vom Staat und von der Stadt betraut ist. Dies ist natürlich der einfachste Weg, um mit geringem Personal und null Willen auf menschliche Behandlung all jene schnell abzufertigen, die sich kaum wehren können. Und möchte doch mal jemand auf seine Rechte bestehen, geht es auch nicht weiter. Für einen Termin mit Vorsprache bei den SachbearbeiterInnen kann dann beim Verwaltungsgericht ein Antrag gestellt werden...

Aufnahme nur mit einem Ersatzdokument von der Bundespolizei?!

Erfahrungen zeigen, dass die Existenz des „Immigration Offices“ im 3. Stock vielen AsylantragsstellerInnen bei der Ankunft gar nicht bekannt ist.

Sie werden von dem im Erdgeschoss für die Notunterkunft zuständigen Sicherheitsdienst abgefertigt und, wenn sie ohne Papiere erscheinen, mit Sätzen begrüßt wie: „Ich frag mich immer, wie die hierher gekommen sind. Sind die geschwommen?“. Generell herrscht ein rauer Umgangston von dem Personal des Sicherheitsdienstes gegenüber den Geflüchteten.

Da die SachbearbeiterInnen, wie oben erwähnt, nicht ansprechbar sind, ist der Sicherheitsdienst Hauptansprechpartner. Die Überforderung des eingesetzten Sicherheitsdienstes macht sich in vielen Situationen deutlich bemerkbar.

Anscheinend hat der Sicherheitsdienst neuerdings Anweisungen erhalten, Menschen abzuweisen, die sich ohne Papiere als AsylantragsstellerInnen registrieren lassen wollen. Die Prüfung der Identität und das Ausstellen eines Identitätsersatzdokuments sollte in einem Fall zunächst von der Bundespolizei übernommen werden, zu der zwei Geflüchtete verwiesen wurden. Aufnahme also erst und nur mit einem Ersatzdokument von der Polizei.

Andererseits scheint die Aufnahme von Menschen ohne Papiere recht willkürlich zu verlaufen, da der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes meinte, dass manche KollegInnen die Aufnahme anders handhaben würden.

Die beiden zu der Polizei geschickten Geflüchteten, die sich nach langer Flucht endlich angekommen und in Sicherheit glaubten, wurden nach Feststellung ihrer Personalien, Fotos schießen und Fingerabdrücke nehmen, dann direkt wegen illegaler Einreise festgenommen. Ab in die Zelle und Warten auf einen Gefangenensammeltransporter, der sie zur erkennungsdienstlichen Behandlung zum Landeskriminalamt nach Hamburg-Alsterdorf bringen sollte.

Von Seiten der Bundespolizei hieß es, normal sei dieser Vorgang nicht, doch das LKA habe Interesse an ihrer Fluchtgeschichte. Es bleibt abzuwarten, ob die Abweisung von Menschen ohne Papiere zum Standard wird.

Eine Mitarbeiterin des Café Exil, Infocafé für MigrantInnen und Flüchtlinge, cafeexil.antira.info.



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