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Prophetische Gastfreundschaft

Suppenküche und "Paradiesgarten" der CW-Gemeinschaft in Los Angeles

von Jeff Dietrich / März 2007

Der Autor Jeff Dietrich ist Mitglied der Catholic-Worker-Gemeinschaft von Los Angeles. Er lebt und arbeitet seit über 30 Jahren in einem "Haus der Gastfreundschaft" mit Obdachlosen und MigrantInnen und engagiert sich mit zahlreichen gewaltfreien Aktionen für Frieden und Gerechtigkeit. Viola Engels verbrachte den Sommer 2005 in dieser Gemeinschaft und schrieb über ihre Erfahrungen in unserem Rundbrief (Nr. 38, September 2005).

Unsere Gemeinschaft in Los Angeles bietet den Armen Gastfreundschaft, Gemeinschaft und Freundschaft an, eine Unterkunft und einen Platz an unserem Tisch. Was haben wir in all den Jahren aber tatsächlich erreicht?

Wir haben wenig "Erfolg" nach den Maßstäben unserer Gesellschaft. Wir sind keine professionelle Organisation mit ausgebildeten ExpertInnen, die "effektive" Programme durchführen, um die Armen zu "integrieren" oder sie zu "therapieren". Unsere Gäste "integrieren" sich selten wieder in diese Gesellschaft. Sie "versagen" angesichts der Ziele unserer Gesellschaft: Erfolg, Sicherheit Macht. Und mit Ihnen könnten wir uns mit unseren Bemühungen als "Versager" fühlen.

Doch ich habe gemerkt, dass wir nicht wegen des Fehlens von Wissen, Ausbildung, Weltgewandtheit und Professionalität ohne diesen "Erfolg" sind. Wir "versagen", weil wir uns in direktem Kontakt mit dem Versagen und der Gebrochenheit unserer Gesellschaft befinden. Als Jesus uns gebot, den Hungernden zu essen zu geben, die Obdachlosen zu beherbergen und die Gefangenen zu besuchen, wusste er, dass solche Aktivitäten uns genau ins Zentrum all der Ungerechtigkeit, Unterdrückung und Gebrochenheit in unserer Gesellschaft bringen würden. Er glaubte, dass solch einfache Aktivitäten uns dazu bringen würden, sowohl Fragen über uns selbst als auch über unsere Gesellschaft zu stellen. Er glaubte, dass uns solche Aktivitäten in einen andauernden Prozess der fortschreitenden 'Menschwerdung' verstricken würden. Er glaubte, dies würde uns dazu bringen, Macht und Ansehen zurückzuweisen. Er glaubte, dass dieser Dienst des prophetischen Mitgefühls die fortwährende Aufgabe seiner Kirche sein würde.

Walter Brueggemann schreibt in seinem Buch 'Prophetische Phantasie': "Mitgefühl begründet eine radikale Form der Kritik, denn es verkündet, dass das Leid ernst genommen werden muss, dass das Leid nicht als normal oder naturgegeben akzeptiert wird, sondern einen anormalen und unakzeptablen Zustand für die Menschheit darstellt... Deshalb ist das Mitgefühl, das oft nur als großzügiger guter Wille angesehen wird, in Wirklichkeit Kritik des Systems, das das Leiden produziert."

In das Leiden einzutreten bedeutet wahrzunehmen, dass das Gesellschaftssystem falsch ist. Es bedeutet wahrzunehmen, dass die Armen niemals an die rigorosen, eigennützigen Standards von Weiterkommen, Erziehung und Konsum angepasst werden können – Einstellungen, die unsere Gesellschaft selbst für nur minimale soziale Akzeptanz fordert.

Die große Versuchung für Menschen, die mit den Armen arbeiten, besteht darin, das grundlegende menschliche Bemühen, voller Mitgefühl zu reagieren, zugunsten "effektiver Strategie" aufzugeben. Wir sind aber nicht hier, um die Armen zu behandeln, zu "reparieren" oder zu "normalisieren". Wir sind nicht hier, um Programme zu entwickeln, Menschen zu bekehren, Geld zu sammeln oder große Gebäude zu errichten. Wir sind hier, um in die Not der Armen einzutreten, um die Wunden in unserer Gesellschaft aufzudecken, die das Leiden der Armen unvermeidlich machen. Wir sind hier, um Gemeinschaft, Heilung und Mitgefühl anzubieten. Wir sind hier als Antwort auf den Ruf Jesu, menschlich zu werden. Wir sind hier, um uns jener radikalen Operation zu unterziehen, die unsere Herzen aus Stein entfernt und Herzen aus Fleisch an ihre Stelle setzt. Wir sind hier, um mit den Armen zu trauern und ihre Geschichten zu erzählen. Alles, was weniger ist als dieses Zeugnis prophetischen Mitgefühls, verdeckt nur die Wunden, ohne sie zu heilen, ist fromme Selbsterhöhung oder pompöser Professionalismus.

Es genügt nicht, nur an Jesus zu glauben und auf ihn zu hoffen. Wir müssen auch Menschen werden, denen der Glaube an und die Hoffnung auf die Institutionen und Strukturen der weltlichen Macht fehlen. Wir dürfen uns nicht durch professionelle Techniken, therapeutischen Jargon, politische Macht oder seelenlose Religion verführen lassen.

Ein Instrument der Gnade Gottes zu sein bedeutet, die Götzen der Macht zurückzuweisen; es bedeutet, die Instrumente professioneller Religion und Bürokratien zurückzuweisen.

Ein Instrument der Gnade Gottes sein bedeutet, menschlich zu sein und auf Leid in menschlicher Art und Weise zu antworten und zwar persönlich und gemeinschaftlich, nicht institutionell und bürokratisch. Das persönliche, gemeinschaftliche Zeugnis ist das einzige Mittel, das unserem Gott in dieser Welt einen Weg zum Handeln eröffnet. Nur dadurch, dass wir, wie unvollkommen auch immer, die Werte des Reiches Gottes verfolgen, bereiten wir einen Weg für Gnade, Heilung und Veränderung. Nur indem wir menschlich sind, können wir eine menschlichere Welt schaffen. Nur indem wir Christinnen und Christen sind, können wir eine christlichere Welt schaffen.

Obwohl sie nicht sehr "effektiv" zu sein scheinen: es sind diese Arbeiten des Toilettensäuberns, des Suppekochens, des Wundenheilens und des Angebots prophetischer Gastfreundschaft, die unser Gott von uns erbittet, damit wir menschlich werden.

 

(Übersetzung: Bernd Büscher, Kana-Gemeinschaft)

 



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