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Geehrte Frau Maier!

Zwei Aktivistinnen im friedlichen Protest auf dem Dach eines Hangars für die Bundeswehrtornados in Büchel, wo sie mit Atombomben bestückt werden können. Der dritte im Bunde ist Frits ter Kuile, der das Foto aufnahm.

Frits beim Aufschneiden des Zauns in Büchel – auf Youtube hat D. Fencer eine Anleitung dafür online gestellt.

von Frits ter Kuile / November 2019

Frits ter Kuile, Catholic Worker-Freund aus Amsterdam, nahm im Juli 2018 an einer gewaltfreien Aktion gegen die in Büchel / Eifel gelagerten Atomwaffen teil. Angesichts der Diskussionen über die atomare Teilhabe Deutschlands an den US-Atomwaffen auf deutschem Boden sowie der Kündigung des INF-Vertrags über die atomaren Mittelstreckenraketen sind solche Zeichen für den Frieden dringender denn je. Für 2019 sind weitere Aktionen in Büchel angekündigt! Wir geben hier, leicht redigiert und gekürzt, Frits’ Antwort auf das Schreiben der Oberstaatsanwältin Maier an ihn wieder.

Entschuldigung für mein unvollkommenes Deutsch. Danke für Ihren Brief.

Sie klagen mich an wegen Missachtung des Hausrechts und der Rechtsordnung. Ich achte das Hausrecht sehr und würde nie bei jemand ohne Erlaubnis hinein gehen, außer vielleicht bei Brand, um jemand zu retten. Ich staunte, dass Sie den Fliegerhorst als ein Haus sehen! Ich sehe den Fliegerhorst wie ein Lager, wie Auschwitz im Quadrat, wo eine illegale und verbrecherische Massenvernichtung von unzähligen Millionen Menschen und ihrer Häuser aufgrund eines zuvor gefassten gemeinschaftlichen Tatentschlusses vorbereitet wird. Was auf dem Fliegerhorst geschieht, ist das höchste Maß an Missachtung des Hausrechts, des Lebens und der Unversehrtheit viele Europäer. Wenn ein Mensch sich da nicht quer stellt, wird er mit schuldig in den Augen von Gott und der Geschichte.

Ich achte auf die Rechtsordnung und bin, obwohl es sicherlich komisch ist für einen christlichen Anarchisten wie mich es zu sagen, sehr froh und dankbar, dass wir in Nord-West Europa ein hohes Maß an „Trias Politika“ haben. Ich bin Ihnen sehr erkenntlich für Ihren Anteil an dem Rechtstaat und meine, es ist gut möglich, dass Ihre Arbeit und Ihr Sein auf dieser Erde allesamt ein größerer Segen für die Gesellschaft sein können, als mein Engagement und Leben. Aus Achtung für den Rechtsstaat habe ich auch gerne meine Personalien usw. an die Polizei gegeben und ich werde mich dem Urteil des Gerichts nicht entziehen.

Was aber auf dem Fliegerhorst geschieht, ist meiner Meinung nach die höchste Form der Missachtung des Rechts: des Kriegsrechts, des internationalen Rechts, der Nürnberger Prinzipien.

Ich habe mit Freude mitgeschnitten, um den Zaun zu öffnen, welcher meiner Meinung nach nicht der Einfriedung des Militärgeländes dient, sondern die verbrecherische Vorbereitung der Massenvernichtung von Menschen, Flora und Fauna, die Vernichtung unzähliger Häuser und die Missachtung des Kriegsrechts schützen und ermöglichen soll. Dessen schweigende Achtung oder aktiver Schutz sind genauso verbrecherisch, wie das, was drinnen geschieht. Ich habe den Zaun mit Freude geöffnet, damit die Verbrechen, welche er schützen soll, raus ans Licht kommen, und Sie uns jetzt helfen können, diese Verbrechen zu stoppen.

Oben auf dem Atombombenbunker haben wir ein Vater Unser gebeten. Es ist ein sehr schönes Gebet, das Jesus uns gegeben hat.
Vater Unser im Himmel, Deín Reich komme (da sind keine Atombomben drin. "Liebe Deinen Feind", "bete für die, die dich verfolgen", "wenn Dein Feind hungrig ist, dann gib ihm zu essen... – indem Du das tust, wirst Du glühende Kohlen auf sein Haupt sammeln". "Überwinde das Übel mit Gutem", auf diese Weise sollen wir, nach Jesus und seinem Apostel Paulus, mit unseren Feinden umgehen und das Reich Gottes fördern).
Dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden (im Himmel bestimmt Gott, wie es mir gehen wird, hier habe ich die Freiheit, mit zu machen oder zu sündigen).
Vergib uns unsere Schuld(en), so wie auch wir unseren Schuldigern vergeben (also, nicht Tod mit Tod, (Atom)Waffen mit Atomwaffen beantworten, aber Vergeben und hoffen, Gott wird auch uns vergeben. Und natürlich sehr wichtig, anderen keinen Grund geben, uns/mich zu attackieren, es sei denn, durch gewaltfreie Provokation und um der Gerechtigkeit willen, so wie Gandhi den Briten einen Grund gab, ihn anzugreifen, und Jesus ja auch nicht schwieg).
Gib uns heute unser tägliches Brot, und führe uns nicht in Versuchung (zum Beispiel weg zu schauen, wenn ein großes Übel vorbereitet wird, weil es unbequem werden könnte, sich auszusprechen), sondern erlöse uns von dem Bösen (zum Beispiel, sich von Massenvernichtungswaffen schützen zu lassen).
Denn Dein ist das Reich und die Herrlichkeit und die Kraft in Ewigkeit, Amen (wir Menschen sind ja nur witzig kurz auf der Erde, als Individuum und als Spezies, und wer weiß, was unsere Seele jenseits des Todes erwartet. Es könnte aber verknüpft sein damit, wie wir hier unsere Talente und Zeit benutzen).

Zurück zu Ihrem Brief: Vielleicht habe ich auch auf dem Radweg außerhalb des Geländes ein Peace-Zeichen und/oder andere lebensfreudige Sachen gesprüht. Ich war ein wenig angespannt und erinnere mich an diese Minuten nicht mehr genau. Aber wenn ich's war, habe ich mit Kreide ge-sprüht, und so wundert es mich, dass Kreide auf einem Radweg 2000 € Sachschaden geben kann. Bei uns kreiden Kinder und Künstler auf Straßen und Plätzen und es ist nicht verboten. Regen und Wind lassen es immer wieder vergehen. (...)

Wie ich oben schrieb, schätze ich Ihren Beitrag zu einem der besten Rechtstaaten auf Erden und in der Geschichte sehr. Aber in der Sache der atomaren Massenvernichtung fürchte ich, dass Sie sich mit unserer Verfolgung und Ihrer bisherigen Nichtverfolgung der Vorbereitungen zum Massenmord einschalten in die Reihen ihrer Kollegen im Dritten Reich, wie unter Stalin, Mao, bei der Segregation in den südlichen Bundesstaten der USA, bei der Apartheid in Südafrika usw., welche leider staatliche und/oder gesellschaftliche Großver-brechen geschützt haben. Die meisten von diesen Kollegen sind vom Gericht unbestraft davongekommen, aber es gibt noch höhere und größere Richter. Wer weiß, wie Gott sie beurteilt hat? Und auf jeden Fall hat die Geschichte sie ver-urteilt, wie auch viele von ihren Kindern und Kindeskindern, welche sich zutiefst für sie schämen. Doch im Gegenteil zu ihren Kollegen, ist es für Sie noch nicht zu spät. Dies meine ich im Ernst und das Benutzen Ihrer Worte (Anm.: Frits be-zieht sich auf einen Brief der Oberstaatsanwältin an ihn) ist so gemeint, wie Sie es auch bei mir meinen: „Auf die Bemessung dieser Folgen wirkt sich regelmäßig positiv ein Ge-ständnis oder die Wiedergutmachung einer entstandenen Schuld aus“, indem Sie zum Beispiel ihre Talente nutzen würden, um die oben genannten Vorbereitungen für Kriegs-verbrechen und die Missachtung des Rechts verfolgen.

Mit dieser guten Hoffnung wünsche ich Ihnen Pax et Bonum (Friede und Gutes),

Frits ter Kuile

Weitere Infos zu den Aktionen der Friedensbewegung in Bü-chel in 2019 unter www.atomwaffenfrei.de.



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