Diakonische Basisgemeinschaft in Hamburg
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Leben in Gemeinschaft
Warten und Erwarten

Psalmlesung beim Flüchtlingsrequiem am Volkstrauertag durch Mitbewohner*innen von Brot & Rosen

von Dietrich Gerstner / Dezember 2022

Draußen wird es – endlich?! – kalt nach einem langen, warmen und trockenen Sommer und Herbst. Vor kurzem noch in weiter Ferne stehen jetzt die Adventszeit und das Weihnachtsfest „vor der Tür“. Wir haben unsere Mitbewohner*innen nach ihren Erwartungen und Wünschen für die Festzeit und das neue Jahr gefragt. Einige Antworten finden sich an verschiedenen Stellen in diesem Text. Und gleichzeitig dauert das Warten für manche Mitbewohner*in schon viel zu lange und die Frage drängt sich auf, wie lange kann jemand warten, ohne die Hoffnung zu verlieren?

Unsere Gemeinschaftskinder genießen ihre Freiheiten und insbesondere die Reisefreiheit in diesem Jahr in vollen Zügen – Lea kam im Sommer nach einem Jahr aus Kanada zurück, Daniel bricht nach einem Jahr England aktuell für eine Weile nach Australien auf, Joel verbringt nach Zugreisen durch Europa die nächsten Monate wieder in Israel und auch Jonas und Elias kamen mit Urlaubsreisen über viele Grenzen auf ihre Kosten. Das alles ist möglich mit einem deutschen Pass und damit in der Regel ohne Hindernisse.

Ganz anders die Realität unserer Mitbewohner*innen aus den Ländern jenseits der Grenzen der EU. Meist war die Einreise hierher nur auf irregulärem Wege und mit vielen Beschwernissen, ja lebensgefährlichen Risiken, möglich. Hier angekommen ist es nicht möglich, sich wieder weg zu bewegen, da eine Rückkehr nach Deutschland dann wieder zum Lotteriespiel wird. Und selbst wenn Du einen Aufenthalt erhalten hast, kann es noch lange dauern, bis damit auch das Recht auf Reisefreiheit verbunden ist. So warten selbst diejenigen unter ihnen, deren Aufenthalt sich positiv geklärt hat, weiter sehnsüchtig auf die richtige Aufenthaltserlaubnis und das notwendige Reisedokument, womit vielleicht Besuche bei Freund*innen verstreut über die Länder der EU und weltweit oder Familienbesuche möglich wären.

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Erstens wünsche ich mir Frieden in der Welt. Mein Wunsch ist es, ein normales Leben zu führen, zu lernen, zu arbeiten, zu reisen... Und mit meinen Lieben die Zeit zu genießen und sie glücklich zu machen.
Setareh Abedi aus Iran, Mitbewohnerin Brot & Rosen
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Zum Glück ist unser Haus ein Ort der Begegnung mit offenen Herzen und offenen Händen. Durch viele Besuche, manchmal nur zum Abendessen, manchmal auch für Wochen, kann diese Ungerechtigkeit im Erleben vielleicht ein bisschen besser ausgehalten werden. Aktuell leben Menschen aus Afghanistan, Algerien, Benin, Deutschland, Honduras, Iran und Syrien hier im Haus zusammen. Zwei Mitbewohnerinnen aus Afghanistan und Ghana sind kürzlich ausgezogen, dafür kann ein junger Mann aus Benin zu uns.

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Ich wünsche mir für das neue Jahr Gesundheit und für die anderen Menschen wünsche ich alles Gute.
Jalal Akbari aus Afghanistan.

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Wir freuen uns, dass ab Anfang des neuen Jahres Judith Samson zu uns stoßen und unsere Hausgemeinschaft verstärken wird. Wir haben sie schon beim Catholic Worker-Treffen und durch Besuche hier bei uns kennen gelernt und glauben, dass sie gut zu unserer Hausgemeinschaft passen wird. Und ja: Wir können solche Verstärkung wirklich brauchen. Darum ist es auch schön, dass unsere Freundin Manuela ab Mitte Januar wieder einen Monat bei uns verbringen und uns unterstützen wird mit ihren vielfältigen Gaben im Zuhören, Sprache unterrichten und ihrer ruhigen Präsenz.

Ein bisschen mehr Bewegung ins Haus bringen auch unsere wieder stattfindenden Offenen Abende. Nach über zwei Jahren Pause laden wir nun wieder ins Haus ein zu Themenabenden zur „Clarification of Thought“ („Klärung der Gedanken“ – Catholic Worker Mitgründer Peter Maurin) und auch zu Hausgottesdiensten. Und wir gehen raus in die Begegnung und zum Teil auch Konfrontation.

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Ich träume von einer Welt, in der es keine Grenzen gibt. Persönlich träume ich davon, als Fachärztin in Deutschland arbeiten zu können.
Radja Ahmed Dib aus Algerien, Mitbewohnerin bis 11/22

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In der Zeit der Ökumenischen Friedensdekade veranstalteten wir tägliche Mahnwachen gegen den Krieg an unterschiedlichen Orten in der Stadt. Neben Ablehnung und Unverständnis erfuhren wir auch viel Zuspruch und Ermutigung. Mit unserer Haltung der Gewaltfreiheit und dem Dringen auf Dialog und Verhandlungen sind wir nicht alleine. Es tat gut, diese Mahnwachen auch als Gruppe zu erleben und damit etwas gegen die Gefühle der eigenen Ohnmacht zu tun. Mehr dazu hier.

Beim Flüchtlingsrequiem stellten wir uns der schrecklichen Todesrealität an den EU-Grenzen und fanden auch hier Trost in der Gemeinschaft der Gottesdienstteilnehmer*innen und in den Gebeten. Wir als Brot & Rosen gestalteten wieder die vielsprachige Psalmlesung, an der auch nicht-christliche Mitbewohner*innen mitwirkten. Das Totengedenken überschreitet alle religiösen Grenzen!

Eine ganz andere Form der schönen Begegnungen gab es beim zweiten Patenschaftstag unserer regionalen Filiale der Drogeriemarktkette Budni in diesem Jahr. Ich finde es toll, welche Talente da von uns allen sichtbar werden: Die eine eilt mit strahlendem Lächeln mit einem Rundbrief auf jede*n Passant*in zu, der andere lässt sich gerne befragen zum Leben im Haus, die dritte hat ein offenes Ohr für die Nöte einer alleinstehenden älteren Dame und der vierte serviert Muffins und Kaffee mit professioneller Anmut. Die Stunden vergingen – bei Sonnenschein – wie im Flug. Die Rückmeldung der Budni-Kolleg*innen freute uns umso mehr: „Ihr macht das mit so viel Enthusiasmus, da ist es für uns alle schön, dass ihr unser Patenprojekt seid!“

Während wir uns an dieser noch jungen Beziehung erfreuen, geht eine andere langjährige Beziehung leider zu Ende: Wir ahnten nichts vom Inhalt, als wir vor wenigen Tagen einen Brief unserer Druckerei öffneten. Zu unserem Schrecken erfuhren wir dadurch, dass dieses Urgestein der solidarischen und gemeinwohlorientierten Ökonomie, das Druckerei Zollenspieker Kollektiv zum Jahresende seinen Betrieb nach über 45 Jahren einstellt! Es ist leider nicht gelungen, eine machbare Nachfolge-Lösung zu finden. Über 25 Jahre verließen wir uns auf den zuverlässigen und freundlichen Dienst, und auch wenn es „nur“ unsere Druckerei war, so erlebten wir eine freundschaftliche Verbindung in gegenseitiger Wertschätzung. Wir werden die Telefonate mit Norbert und Anke vermissen, die Erfüllung von allerlei Sonderwünschen und Korrekturen im letzten Augenblick. Leider haben wir Euch viel zu selten am schönen Elbdeich in Zollenspieker besucht. Wir vermissen Euch jetzt schon und wünschen Euch für Eure jeweiligen Lebenswege alles Gute und Gottes Segen.

Und das wünschen wir auch Euch und Ihnen, liebe Leser*innen dieser Seite, verbunden mit den besten Wünschen für die Weihnachtszeit und dem Dank für Eure Unterstützung!

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Ich wünsche uns, dass Weltfriede wird. Und ich wünsche mir, eine Wohnung zu finden und dass ich meine Verlobte nach Deutschland holen kann. Und ich wünsche Euch auch frohe Weihnachten!
Ali Ahmadi aus  Afghanistan

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